Pari stelle ich mich gerne in die Reihe mit ein.
Hier aber möchte ich vor allem Malprozesse vorführen.
Normalerweise braucht ein Bild dieser folgenden Größe mindestens ein halbes Jahr. Hier in 21 Schritten nun…
Dass dies in 2 Monaten so gut ging, liegt vielleicht auch am motivierenden Fernsehen, das mir dabei über die Schulter schaut.
Arbeitszustand 21, (fertig?),
„Hier stehe ich, ich kann nicht anders!“
Am Weinbergshang am Petersberg
(Hommage an Martin Luther)
Öl auf Leinwand 100 x 80, 2018
Das Fernsehprogramm des SWR drehte im Frühjahr 2018 einen Film über die Selz, das Flüsschen in Rheinhessen.
Als Maler der Selz wurde ich wegen meiner aktuellen Landschaftsserie ausgewählt.
Zwei Drehtage wurden angesetzt.
Ein erster Außentermin, bei dem ich ein Foto der Landschaft mache,
und eine Woche später, wie ich dieses Motiv im Atelier dann male.
Zwischen Böen aus sehr schlechtem Wetter, wie es eigentlich stets in der Karwoche ist,
trafen wir uns, auf Wunsch der Redakteurin, am Petersberg, hinter Bechtolsheim.
Der Schlamm, die sehr schlechten Wege und die Wiederholungswünsche des Kamerateams haben mir und meinem Auto arg zu schaffen gemacht.
Am Nachmittag hatte ich aber genug Motive und der SWR auch seine Einstellungen gespeichert.
Bereits bei der Aufnahme hatte ich das Gefühl, dieses Bild könnte was sein und so war es dann auch.
Nicht nur die Kameradrohne stand mir hoch in der Luft gegenüber, wie ein fliegender Frosch, auch die Sonne und zwei Rabenvögel, die sich kurz danach den nassen Hang emporschwangen schauten mich an.
Abends dann setzte ich mich an den Monitor meines Rechners und wählte in intensiver Betrachtung einige Favoriten-Motive aus.
Der Karmittwoch geht dann spät, sehr müde zu Ende.
Am nächsten Tag wurden die Erwählten hier bearbeitet, ausgedruckt und dann ein kleineres Bild von der Selz und der große hohe Weinberg begonnen.
Das Arbeitsfoto: 01
Arbeitszustand 2,
Die Vorzeichnung wurde mit Zeichenkohle und dem Rötelstift angelegt.
Arbeitszustand 3, – gibt die komplette Rötel-Vorzeichnung wieder.
Diese wird mit dem Sepia-Stift nochmals korrigierend verdeutlich und ist dann kräftig abgerieben bereits sehr prägnant.
Arbeitszustand 4,
Der Bildraum ist eröffnet…
Arbeitszustand 5, Tempera-Beginn
Mit Temperafarbe in Weiß, Gelb, Rot und Blau wird nun die Vorzeichnung zart und linear nachvollzogen und angereichert. Wie stets ausgehend vom Licht. Schon leuchtet die Sonne auf dem weißen Grund:
Arbeitszustand 6,
So füllt sich der ganze Himmel mit dem kontrastzarten Windspiel.
Ein Leinwandknoten inspirierte dann schon zu der Position der Vögel, die den Knoten verschlucken…
Am Boden kommen noch Braun und Grün hinzu. Das war dann der Gründonnerstag.
Es folgt das verdiente Abendmahl.
Arbeitszustand 7,
Am nächsten Tag folgt auf die Temperavorlage eine Imprimitur in Öl in frischem Rot, beginnend mit dem Rand.
Arbeitszustand 8,
Das Licht bekommt aber eine Sonderbehandlung!
Die Rotlasur wird, nicht zu nass, trocken transparent gerieben, so daß sie gut trocknen kann, ohne bereits zu fett zu werden. Die Tonwerte der Tempera bleiben darunter erhalten.
Arbeitszustand 9,
Trotzdem ergibt sich eine geschlossene Öl-Schicht, die damit eine egalisierende Zwischenlasur schon vorwegnimmt.
Trotz dem Uni-Lasurton ist diese Imprimitur bereits gestaltende Malerei, welche Schwerpunkte betont und ganz eigenen Duktus zeigt. So ist jeder Schritt ein Stück auf dem langen Weg.
Arbeitszustand 10,
Karfreitag Abends ist alles Rot.
Dann haben Bild und Maler eine verdiente Pause.
Die Ölfarbe kann trocknen und die Arbeit des Malers geht so lange ins Bilderlager, das alte Werk pflegen…
Nach Ostern kommt dann das Fernsehen und das Bild ist in zehn Schritten recht präpariert.
Arbeitszustand 11, Drehtag 01
Früh begonnen hat sich bereits der Himmel vom oberen Rand gelöst, als die Kamera eingerichtet ist und den Malereiprozess filmt.
Arbeitszustand 12, 02-Drehtag
Als der Himmel nach Mittag gesetzt und verschlichtet ist, ist das Schwierigste erreicht und eigentlich Pause nötig. Aber „the show must go on…“
Arbeitszustand 13,
Der Moment in dem sich langsam von der Ferne in die Nähe die Landschaft legt, ist meistens ein sehr Schöner! Das zu genießen gibt wieder Kraft und Elan.
Also: weiter gehts…
Am späten Abend ist dann doch tatsächlich die Bildoberfläche mit reicher Ölmalerei geschlossen.
Innerlich ertönen Fanfaren.
Alle hatten sich aber schon längst verabschiedet.
Arbeitszustand 14, Drehtag finales
So darf es nun trocknen.
Aber es sieht gut aus. Zufriedene Erschöpfung tut gut, wenn das Ergebnis stimmt.
Die Rebenstickel fehlen natürlich noch, aber diese ins Frische zu setzen ist sehr heikel und ein Unfall sollte nun nicht mehr riskiert werden.
Trocknen lassen!
Sichern!
Schauen…
Mit Abstand betrachtet fragt sich wieder mal, ob es nicht so bleiben dürfe…
Ja, es hat was! Durchaus könnte man es belassen.
Weg zwar von der kontrastreichen Vorlage, hin zu mehr Farbton und Mitte.
Der Plan, den Vordergrund sehr schwer Dunkel zu treiben, wird fallen gelassen, weil das Bild andere Qualitäten zeigt. So überzeugt eben freie Malerei …
und wird abenteuerlich wieder was ganz Anderes…
In der Folge werden dann doch noch wohlüberlegte Änderungen subtil gesetzt, allerdings weniger Augenfällig…
Nach langer Hin- und Her-Überlegung, wird doch der Himmel noch mal gemalt.
Das Licht bekommt mehr weiche Aura und Wolkenformationen erfahren Formkorrekturen, aber Alles weich und hell.
Die Ferne tritt nochmal zurück.
Arbeitszustand 15,
Nun ist es Zeit dem Ganzen einen Namen zu geben und die Rückseite zu beschriften:
Vielleicht, weil wir Richtung Selzquelle schauen, auch Richtung Worms, denke ich an Luthers Ausspruch, aber auch weil die Reben fest an ihrem Platz stehen, nicht wanken und weichen, dem Wind der Geschichte ausgesetzt sind, verbunden sind tief Himmel und Erde – oder weil man in der Karwoche dem Neuen Testament nahe ist. Irgendwie sprach dieser Titel mich an.
Und noch immer läßt mir der wichtige Himmel keine Ruh.
Er wird nochmal heller.
Arbeitszustand 16,
Schließlich möchte ich doch etwas Schärfe und Kanten in den weichen Wolken sehen. Auch die Vögel werden so scharf freigestellt.
Arbeitszustand 17,
Erst wenn der Himmel geht, folgen die Stickel und der Kontrastrand im Vordergrund.
Arbeitszustand 18,
Auch der Mittelgrund braucht noch malerische Dichte und perspektivische Tiefe.
Der Busch am Hangrand spricht mit der Sonne sein Jing und Jang.
Arbeitszustand 19,
Nochmals sieht man, wie etwas scharfe Kontur dem so weichen Himmel noch Ernst und Würde gibt.
Der wichtige diagonale Wetterzug wird besonders im unteren Himmel deutlicher.
Die Plastikschützer der Rebenfüßchen werden giftig Türkis.
Arbeitszustand 20,
Aber die Stickl sind immer noch nicht ganz fertig.
Erst wenn das Dahinter wirklich stimmt, bekommen sie ihr letztes Volumen.
Und ganz in der Ferne ahnt man die Legion der Windmühlen im Alzeyer Raum.
Froh war ich, als die Spachtelkante gerade recht, nicht zuviel, aber aufrecht, gerade und zart, neue moderne Stickel setzte, die neue Energie saugen, fast wie die Reben.
Arbeitszustand 21,
So, wer diesen Prozess intensiv gelesen hat, versteht vielleicht, warum so ein Bild einen mittleren vierstelligen Preis hat.
Das ist noch sehr moderat und doch dauert es oft lange, sehr lange, bis irgendjemand all dies gerecht entlohnt.